Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht mit Blick auf den Fachkräftemangel in Deutschland durch die Corona-Pandemie auch positive Effekte für den Arbeitsmarkt. Der Markt sei vollständiger geworden, sagte Scholz am Sonntag auf dem ostdeutschen Wirtschaftsforum (OWF) im brandenburgischen Bad Saarow. «Nach oder während der Pandemie haben sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neu orientiert.» Der Kanzler zeigte sich überzeugt, dass der ab Oktober geltende Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde «ganz erheblich» zum Aufschwung im Osten beitragen werde, weil er die Perspektive für Arbeitsplätze attraktiver mache. Er erhoffe sich davon Einiges.
Scholz warb vor den ostdeutschen Wirtschaftsvertretern dafür, dass Unternehmen selber ausbilden sollen. Sie hätten dann weniger Fachkräfteprobleme und hielten auch mehr Leute im Betrieb als andere. Er wies darauf hin, dass die Zahl der vielen Ungelernten in Betrieben völlig unterschätzt werde, die noch eine Berufsausbildung machen könnten. Dazu gebe es Förderprogramme.
Auch Geflüchtete sollen nach seinen Worten eine bessere Bleibeperspektive erhalten, wenn sie eine Ausbildung machen. Das wolle der Bund noch «etwas nachdrücklicher regeln».
«Wir brauchen bis zum Ende des Jahrzehnts einen Ausgleich für sieben Millionen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehenden Fachkräfte», fasste er zusammen. Das werde nur geschafft durch die Nutzung der Möglichkeit der Freizügigkeiten in der Europäischen Union und durch internationale Fachkräfte, die nach Deutschland kommen. «Und den Rahmen wird die jetzige Regierung schaffen, weil sie da nicht von Vorurteilen beladen ist sondern von dem, was nützlich ist.»
Eine Umfrage für das OWF ergab, dass rund 60 Prozent der Entscheider in ostdeutschen Bundesländern das Potenzial des ostdeutschen Wirtschaftsstandorts positiv bewerten. Allerdings steht mehr als die Hälfte der Befragten einem Gelingen des Strukturwandels im Osten innerhalb der kommenden zehn Jahre skeptisch gegenüber.
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