„Hier möchte ich Kuh sein“,sagte Anita Maaß, die Bürgermeisterin von Lommatzsch, während ihres Besuchs in der Agrargenossenschaft Lommatzsch in dieser Woche. Mit ihr war der FDP-Bundestagsabgeordnetem Torsten Herbst. Aufgrund der jüngsten Ausbrüche von Maul- und Klauenseuche blieb der Kuhstall jedoch geschlossen. Stattdessen führte der Rundgang durch die Agrargenossenschaftsflächen sowie die großen Hallen, in denen der hochmoderne Fuhrpark untergebracht ist. Das Unternehmen bewirtschaftet 2.300 Hektar Land und baut darauf Weizen, Raps, Erbsen sowie Zuckerrüben ant. Zudem werden rund 1.000 Rinder in modernen Ställen gehalten, die mit Massagebürsten und Gummimatten ausgestattet sind.
Die Bundestagswahl rückt näher, und Torsten Herbst belegt auf der Landesliste der sächsischen FDP den ersten Platz, während Anita Maaß auf dem fünften Platz steht. Hätten die beiden Politiker jedoch nur Wahlkampf im Sinn gehabt, hätten sie vermutlich ein lokal attraktiveres Ambiente gewählt, denn Traktoren und Mähdrescher können nicht wählen und die 62 Angestellten des Betriebs hatten alle Hände voll zu tun. Einer von ihnen kümmert sich um einen Reifenwechsel am Traktor, während ein anderer mit einer selbstfahrenden Feldspritze, der grünen Amazone, auf den Hof fährt. „Die kommt gerade vom TÜV“, informiert Wolfgang Grübler. Mit über 70 Jahren ist er noch immer im Vorstand, hat er die Kontrolle über alle Vorgänge auf dem Hof.
Auf die Frage, was ihn am meisten stört, zögert Wolfgang Grübler nicht lange. „Die überbordende Bürokratie und die zunehmenden Auflagen." Als Beispiel nennt er die grünen Kennzeichen für landwirtschaftliche Fahrzeuge, um die Landwirte Anfang 2024 wegen steuerlicher Vorteile protestiert hatten. „Aber der Kampf ist noch nicht endgültig gewonnen“, merkt Grübler an. Der Antrag auf die Kennzeichen sei mit viel Papierkram bei der Kfz-Zulassungsstelle verbunden gewesen, doch kaum seien sie angebracht, habe sich der Zoll mit fast identischen Anforderungen gemeldet.
Torsten Herbst schlägt vor, dass der Staat die Daten seiner Behörden künftig nur einmal abfragen sollte. Falls weitere Informationen benötigt würden, müssten die Ämter den Austausch untereinander optimieren. Dabei ist ihm bewusst, dass der digitale Datenaustausch zwischen den Behörden derzeit ausbaufähig ist.
Neben der Bürokratie stören Wolfgang Grübler auch die Vorschriften und Grenzwerte, die häufig „mehr ideologischen als sachlichen Überlegungen“ entspringen. Ein Beispiel ist die Düngung der Felder. Einige Mitarbeiter sind gerade dabei, die Böden zu untersuchen, um die Meliorationsmaßnahmen abzustimmen – also Wege zur Auflockerung der durch schwere Maschinen verdichteten Böden. Auch die Düngung ist ein wichtiges Thema, da strenge gesetzliche Regeln dafür gelten. Landwirte werden oft argwöhnisch betrachtet, als würden sie die Böden zunächst auslaugen und dann überdüngen, obwohl Dünger teuer ist. „Wir setzen selbstverständlich nur das ein, was wirklich notwendig ist“, erklärt der ehemalige Genossenschaftschef.
Alle Erbsen stammen aus Lommatzsch
Das Unternehmen beliefert die Dresdner Mühle, insbesondere mit proteinreichen Stollenmehlen aus Weizen. „Wie lange es uns möglich ist, diese in der gewohnten Qualität anzubieten, wird durch die neuen Vorgaben für Phosphate und Stickstoffe ungewiss“, bemerkt Wolfgang Grübler. Es sei an der Zeit, den Landwirten wieder mehr Vertrauen entgegenzubringen, damit sie wissen, wie sie ihr Geschäft erfolgreich führen und an künftige Generationen weitergeben können, fordert Gero Clemens Hocker, agrarpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.
„Der Boden ist unser wertvollstes Gut“, hebt Wolfgang Grübler hervor, während er auf einen gelben Erbsenpflückdrescher deutet, der in einer der großen Hallen steht. In einigen Monaten wird dieser durch die Felder fahren und das frische Gemüse einsammeln. „Die Erbse ist ein empfindliches Gemüse, und wenn Sie Tiefkühl-Erbsen auf Ihrem Teller haben, können Sie fast sicher sein, dass sie aus Lommatzsch stammen“, sagt Grübler mit Stolz.