Das vor allem für politische Bildung sowie sein Engagement gegen Rechtsextremisten überregional bekannte Internationale Begegnungszentrum (IBZ) St. Marienthal in Ostsachsen richtet im 30. Jahr seines Bestehens den Blick auf neue Themenschwerpunkte. Es gehe um mehr Aufmerksamkeit für den Zusammenhalt der Gesellschaft sowie um mehr Klima- und Naturschutz, sagte zum Jubiläum der Vorstandsvorsitzende Michael Schlitt der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben den Eindruck, dass der Zusammenhalt der Menschen ziemlich auseinander läuft.»
In Sachen Klimaschutz ist die in einem Kloster aus dem 13. Jahrhundert befindliche Einrichtung sogar Vorreiter. «Wir haben schon zu 100 Prozent Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien und ein Umweltmanagementsystem.» Das sei in dieser Kombination bei deutschen Bildungseinrichtung vermutlich einmalig. Ein weiteres Thema sei die Biodiversität, das finde bisher viel zu wenig Beachtung. Der Rückgang der Tier- und Pflanzenarten laufe seit Jahren ungebremst, nicht nur die Zahl der Arten, «sondern auch die der Individuen befindet sich in einem dramatischen Sinkflug».
Das IBZ wurde 1992 gegründet, um nach dem Ende der DDR ein Zeichen zu setzen für die Zusammenarbeit mit den Nachbarn Polen und Tschechien, aber auch von Menschen unterschiedlicher Religion und Weltanschauung. Laut Schlitt galt es auch, im Sinne der Bewahrung der Schöpfung einen Beitrag für den Umwelt- und Naturschutz in der damals als «Schwarzes Dreieck» geltenden Region zu leisten.
Seitdem sind «eine ganze Reihe innovativer Projekte gelungen», wie die Energie-ökologische Modellstadt Ostritz-St. Marienthal. «Ostritz war 2020 die erste Stadt in Deutschland, die sich komplett mit einem Mix von erneuerbaren Energien versorgt hat.» Überregional bekannt aber wurden Stadt und IBZ mit den «Ostritzer Friedensfesten», als Reaktion auf die alljährlichen Treffen von Rechtsextremisten und Neonazis in einem örtlichen Hotel.
Ostritz stehe laut Schlitt wie nur wenige andere in Deutschland für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz. Und man habe offenbar die Nazis erfolgreich vertrieben, denn zwei Jahre gab es kein rechtes «Schild-und-Schwert-Festival» mehr. Sollten sich keine Rechtsextremisten mehr in Ostritz treffen, werde mit Stadt und zivilgesellschaftlichen Akteuren gemeinsam entschieden, «ob wir das Ostritzer Friedensfest und andere Aktionen in unregelmäßigen Abständen fortsetzen», so Schlitt.
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