Bei plötzlichem Herzstillstand können Defibrillatoren Leben retten. Doch im Ernstfall müssen Ersthelfer erst einmal wissen, wo sie ein solches Gerät finden. Und es muss rund um die Uhr öffentlich zugänglich sein.
Das ist nicht immer so. Vorreiter sind offensichtlich die Landkreise Bautzen und Görlitz, die seit rund eineinhalb Jahren als «Region der Lebensretter» nicht nur ein Online-Kataster aufbauen, sondern im Notfall auch besonders geschulte Ersthelfer losschicken.
Wie viele Defibrillatoren (AED) gibt es in Sachsen?
Anfragen bei den größeren Städten dazu helfen kaum weiter. Sie haben nur den Überblick über Geräte in kommunalen Einrichtungen. In Zwickau ist von 18 die Rede - bei Berufsfeuerwehr, in Sportstätten und Schwimmbädern sowie im Rathaus. Die Stadt Chemnitz weiß von 15 Defibrillatoren in Sporthallen, Museen, Verwaltungsgebäuden und dem Opernhaus. Die Stadt Leipzig schreibt auf Anfrage von zehn Geräten in Verwaltungsgebäuden, die Stadtverwaltung Dresden von acht.
Dass es etwa in Leipzig weitaus mehr sind, zeigt ein Blick auf die Karte von «Leipzig schockt». Dort sind etliche weitere AED etwa in Einkaufszentren, Bahnhöfen und der Messe vermerkt.
Über eine App sollen Ersthelfer im Ernstfall rasch zu einem solchen Gerät geleitet werden. Aber App und Webseite werden gerade überarbeitet, wir der Arbeiter-Samariter-Bund als Projektträger auf Anfrage mitteilt. Nähere Auskünfte zu Zahl und Entwicklung der verfügbaren Geräte vermochte der Regionalverband Leipzig nicht zu beantworten.
Eine Karte bietet neben dem Verein Definetz die Initiative «Region der Lebensretter», die in Baden-Württemberg gestartet ist und auch in anderen Regionen Fuß fasst. So in Ostsachsen mit den Landkreisen Bautzen und Görlitz. Der Übersicht zufolge sind dort inzwischen etwa 100 Geräte registriert, auch in kleineren Orten wie Neusalza-Spremberg, Sohland und Niesky.
Defibrillatoren öffentlich zugänglich machen
«Unser Appell ist es, alle AED öffentlich zugänglich zu machen und im System zu listen», sagt der Leiter der Integrierten Rettungsleitstelle Ostsachsen, Stefan Schumann. Nur so könnten sie im Notfall rasch genutzt werden. Dazu sollten sie nicht in Gebäuden, sondern außen an der Fassade angebracht und so rund um die Uhr verfügbar sein.
Das geschieht derzeit den Angaben nach in Dresden sowie in den Nachbarkreisen Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Doch sei dafür erst eine Handvoll Geräte erfasst, so Thomas Steuber vom Verein Region der Lebensretter in Freiburg.
Der Verein nennt als Richtwert einen AED pro 1000 Einwohner oder zwei je Quadratkilometer. Zudem sollten sie nicht weiter als 500 bis 600 Meter voneinander entfernt sein. Ziel sei es, dass bei einem Herzstillstand innerhalb von drei bis fünf Minuten ein Defibrillator zum Einsatz kommt.
Bisher habe bei der Aufstellung der Fokus häufig auf Sportstätten gelegen, erklärt Steuber. Nach neueren Erkenntnissen sollten aber Wohngegenden stärker berücksichtigt werden, da dort 70 Prozent aller Reanimationen erforderlich seien.
Laut Bundesgesundheitsministerium ist Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb einer Klinik die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Jedes Jahr werden Rettungsdienste zu 120.000 Betroffenen gerufen, in 60.000 Fällen könnten Reanimationsversuche unternommen werden. Nur elf Prozent der Betroffenen überleben solch einen Notfall.
Initiative knüpft Ersthelfer-Netzwerk in Ostsachsen
Laut Schumann braucht ein Rettungswagen im Schnitt 8 bis 15 Minuten bis zum Patienten, doch schon nach wenigen Minuten kommt es bei einem Herzstillstand zu irreversiblen Schäden. Daher sei das Vorgehen der Ersthelfer entscheidend. Neben Herzdruckmassage können sie auch mittels Defibrillator im Ernstfall Leben retten.
Zum Konzept der Region der Lebensretter wie in Ostsachen gehört daher nicht nur eine Karte der verfügbaren Geräte, sondern auch die Alarmierung von geschulten Ersthelfern. Davon gebe es in Ostsachsen inzwischen mehr als 900, erklärt Schumann.
Geht bei der Rettungsleitstelle ein Notruf wegen eines Herz-Kreislauf-Stillstands ein, werden solche Helfer in der Nähe des Patienten gerufen. Während zwei direkt zu ihm eilen, werde ein Dritter zum nächsten AED gelotst. Er oder sie bringt das Gerät dann zum Einsatzort. So könne maßgeblich geholfen werden, bevor der Rettungswagen eintreffe, sagt Schumann.
Dass bei einem Herzstillstand schnelle Hilfe viel bewirken kann, hat die Fußball-EM jüngst in Erinnerung gerufen. Der dänische Fußballer Christian Eriksen war bei dem Turnier 2021 während eines Spiels wegen eines Herzstillstands zusammengebrochen und per Herzdruckmassage und Defibrillator reanimiert worden. Bei der aktuellen EM lief er wieder mit seinem Team auf.
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