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Erich Kästner zum 125. Geburtstag viel zitiert

Eine Lesebrille liegt auf einem geöffneten Papierbuch. / Foto: Monika Skolimowska/dpa/Illustration
Eine Lesebrille liegt auf einem geöffneten Papierbuch. / Foto: Monika Skolimowska/dpa/Illustration

Beliebter Kinderbuchautor Erich Kästner wird in Deutschland immer wieder zitiert, um zum aktiven Widerstand gegen den Rechtsextremismus aufzurütteln. Seine Warnung vor den Ereignissen des Dritten Reichs wird bis heute als Appell verstanden.

Erich Kästner, Verfasser beliebter Kinderbücher wie «Emil und die Detektive» oder «Das fliegende Klassenzimmer», ist ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod in aller Munde - in ganz anderer Hinsicht. Sein Fazit zum Dritten Reich und den Ursachen wird derzeit viel zitiert, in Artikeln und Online-Posts, von Politikern bis zu Sportlern und bei den Demonstrationen vielerorts in Deutschland, um aufzurütteln zum aktiven Widerstand gegen den erstarkenden Rechtsextremismus. Die bittere Bilanz des Schriftstellers, der am 23. Februar vor 125 Jahren in Dresden geboren wurde, ist noch immer brisant.

«Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät», konstatierte Kästner 1958 in einer Rede zur Bücherverbrennung im PEN-Club. Die folgende Warnung kann bis heute als Appell verstanden werden, sagt der Münchner Literaturwissenschaftler Sven Hanuschek und zitiert weiter: «Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat.»

Nach Angaben von Hanuschek, der als Kenner des Kästner-Werks gilt, hielt der Autor anders als in der Weimarer Zeit in den Nachkriegsjahren politische Reden, war auf Demonstrationen, schrieb Essays und Artikel. «Und das sind ja die Metaphern, die jetzt zitiert werden.» Er habe sich engagiert, sei auf die Straße gegangen. «Er ist lieber einmal zu oft und schnell aktiv geworden als zu zurückhaltend gewesen.» So protestierte er gegen den Vietnamkrieg oder war bei Ostermärschen.

Kästner verbrachte Kindheit und Jugend in Dresden, schrieb schon als Schüler Gedichte, wollte Lehrer werden. Nach einem Jahr Militärdienst machte er das Abitur nach, studierte dann Germanistik, Geschichte, Philosophie, Zeitungskunde und Theaterwissenschaften. Dafür ging er 1919 nach Leipzig, wo er erste Zeitungsartikel schrieb, später nach Rostock und Berlin. Noch während des Studiums wurde er 1924 Redakteur im Feuilleton der «Neuen Leipziger Zeitung», 1926 wechselte er ins politische Ressort und wurde zusammen mit dem Zeichner Erich Ohser offiziell wegen eines Gedichts entlassen - blieb aber freier Mitarbeiter.

1927 ging er nach Berlin, schrieb Feuilletons für «Die Weltbühne» oder «Vossische Zeitung». 1929 erschien sein Roman für Kinder «Emil und die Detektive», der zwei Jahre später verfilmt wurde, nach einem Drehbuch von Billy Wilder. 1933 wurde er zufällig Zeuge, wie seine Bücher auf dem Berliner Opernplatz in Flammen aufgingen. Danach folgten Jahre der Gratwanderung im Nationalsozialismus für den populären Schriftsteller. Er blieb, auch wegen seiner Mutter, zu der er zeitlebens eine enge Bindung hatte. Aufgrund des Publikationsverbots konnte er nur noch unter Pseudonym in Deutschland veröffentlichen.

Zeitweise tauchte er ab, dann aber saß er regelmäßig in einem Berliner Café, erzählt Hanuschek. «Das war auch bekannt.» Zwei Mal verhaftete ihn die Gestapo. «Es gab auch Phasen, wo er jede Nacht woanders geschlafen hat.» Er hat Menschen im Untergrund finanziell unterstützt «und versucht, wider den Stachel zu löcken», sich zu widersetzen.

«Er hat Kompromisse gemacht, machen müssen, er war nicht die Geschwister Scholl, kein Held in dem Sinn.» Aber in seinen Boulevardkomödien bekomme man vorgeführt, «was es bedeutet, nicht zu wissen, was ist was, wo ist was», sagt der Literaturwissenschaftler. Kästners Bücher wurden im deutschsprachigen Ausland weiter gedruckt und noch in Deutschland vertrieben. Und er durfte unter anderem Namen das Drehbuch zu dem Film «Münchhausen» schreiben. Erst ab 1943 hatte er tatsächlich Berufsverbot, bis zum Kriegsende lebte er von Ersparnissen.

Währenddessen sammelte er für einen Roman, «eine Art Sittengeschichte des Dritten Reichs», sagt Hanuschek. Es gebe nur Fragmente - Flüsterwitze, Kommentare zu Zeitungsmeldungen, Beschreibungen der Widrigkeiten des Alltags. Denn Kästner habe dann erkannt, dass man darüber nicht schreiben könne angesichts des Holocaust, dessen Dimension erst nach dem Krieg offenbar wurde. Er habe das Projekt stillschweigend begraben.

Zweieinhalb Jahre arbeitete der Erfolgsautor dann bei der «Neuen Zeitung» wieder als Journalist, versuchte aufzuklären über die Nazizeit, war bei den Nürnberger Prozessen, beschrieb «die absurden Realitäten, das Mörderische des Dritten Reichs». Später dann verlegte er sich wieder aufs Literarische, erreichte mit Kinderbüchern wie «Das doppelte Lottchen» oder «Die Konferenz der Tiere» die alte Popularität.

Und er begleitete politische Proteste. Laut Hanuschek findet sich das in Kabaretttexten, Chansons, Zeitungsartikeln, Reden, kleinen Ansprachen auf Demos. In den 1960er-Jahren lebte der Schriftsteller zwischen zwei Frauen abwechselnd in München und Berlin, wo auch sein Sohn lebte. 1974 starb Kästner, den Dresden und das Sächsische nie losließen, an Krebs - und fand in München seine letzte Ruhestätte.

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