Der neue Sächsische Landtag hat sich konstituiert und neben einer Geschäftsordnung auch die ersten Personalentscheidungen getroffen. CDU-Politiker Alexander Dierks wird die kommenden fünf Jahre als Landtagspräsident amtieren. Er bekam 97 von 119 möglichen Stimmen. 14 Abgeordnete stimmten gegen ihn, acht enthielten sich. Dierks ist der bisher jüngste Landtagspräsident in Sachsen. Er wird am Mittwoch 37 Jahre alt. Das Amt wurde bisher nur von Männern ausgeübt.
Überraschung bei der Wahl zweier Vizepräsidenten
Bei der Wahl der Stellvertreter setzte sich die CDU-Abgeordnete Ines Saborowski (57) mit 95 Stimmen durch. Den zweiten Vize stellt die AfD mit André Wendt. Der 53-Jährige hatte das Amt schon in der letzten Legislaturperiode inne. Bei der Wiederwahl bekam er 84 Ja-Stimmen. BSW-Kandidat Jörg Scheibe schaffte es erst im zweiten Wahlgang mit 71 Stimmen. Albrecht Pallas (SPD) musste sogar drei Runden drehen. In geheimer Wahl reichte dann die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Pallas erhielt 60 Stimmen.
Denkzettel für Bündnis Sahra Wagenknecht und vor allem für die SPD
Das Abstimmungsverhalten kann getrost als Denkzettel für das BSW und die SPD interpretiert werden. Beide Parteien führen derzeit Vorgespräche, um eine Sondierung und Koalitionsverhandlungen für eine gemeinsame Regierung vorzubereiten. Die drei Partner haben im Landtag zusammen 66 Mandate. Sowohl Scheibe als auch Pallas hätten somit locker im ersten Wahlkampf durchkommen müssen, wenn man sich einig gewesen wäre. Nun dürfte klar sein, wie schwierig eine Koalitionsbildung wird.
Die Sozialdemokraten hatten auf einen zusätzlichen vierten Vizepräsidenten bestanden, was auch bei der konstituierenden Sitzung für viel Kritik sorgte. Schließlich bedeutet der Posten erhebliche Mehrkosten für den Steuerzahler. Die SPD wurde mit den fehlenden Stimmen für Pallas in den ersten beiden Wahlgängen offenkundig abgestraft.
Gute, kontroverse und harte Debatten miteinander führen
Bevor Dierks auf dem Sessel des Präsidenten Platz nahm, wandte er sich mit einer Ansprache an die Abgeordneten. Der Landtag sei das Spielfeld, auf dem politische Debatten ausgetragen werden und die Vielfalt der Auffassungen, der Wünsche, Bedürfnisse und Kritikpunkte zum Ausdruck komme, sagte er. Er wünsche sich, dass der Landtag diesem Auftrag gerecht werde.
«Wir sind Mitbewerber. Wir sind bisweilen in harten Debatten auch mal Gegner. Aber wir sind niemals Feinde», sagte Dierks unter dem Beifall der Abgeordneten. Der Landtag sei der Ort, an dem die parlamentarische Demokratie den Beweis antreten kann, dass sie in der Lage ist, Lösungen für große gesellschaftliche Konflikte zu finden. Demokratie sei mehr als ein mathematisches Zählverfahren zur Feststellung der Mehrheit.
Alterspräsident appelliert an Fairness und Anstand
Zu Beginn der konstituierenden Sitzung hatte Alterspräsident Wolf-Dietrich Rost um Fairness und Anstand in der neuen Wahlperiode gebeten. Die sechs Fraktionen würden ein weites politisches Spektrum abbilden, Konsens werde sicherlich nicht die Regel sein. Die Bereitschaft, die Meinung anderer auszuhalten, die Argumente abzuwägen und eine andere Perspektive auf die Dinge einzunehmen, sei in den vergangenen Jahren leider gesunken. «Als Abgeordnete sollten wir anders handeln und ein gutes Beispiel geben.»
Landtag führt mit neuer Geschäftsordnung Änderungen ein
Mit den Stimmen von CDU, BSW und SPD beschloss der Landtag eine neue Geschäftsordnung. AfD, Linke, Grüne und der fraktionslose Abgeordnete Matthias Berger, der für die Freien Wähler im Landtag sitzt, enthielten sich. Einige Verfahrensweisen sind neu geregelt. So sind neben Zwischenfragen künftig auch Zwischenbemerkungen zulässig, um die Debatte zu beleben. Bislang war eine konkrete Fragestellung erforderlich. Die Befragung der Staatsregierung wird gestrafft.
Den Antrag zur neuen Geschäftsordnung hatten die Fraktionen von CDU, BSW und SPD gemeinsam eingebracht. Mehrere Änderungsanträge aus den Reihen der AfD und der Linken sowie ein Antrag von Berger fielen durch.
Landtag nimmt Änderungsantrag der Grünen an
Zustimmung fand dagegen ein Änderungsantrag der Grünen, der mit Blick auf die Turbulenzen in der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtages am 26. September, eingebracht wurde. Dort hatte der Alterspräsident von der AfD das Prozedere ausgebremst. Die Grünen schlugen für die Geschäftsordnung in Sachsen eine Formulierung vor, mit der klargestellt wird, dass der neugewählte Landtag bereits zu Beginn der konstituierenden Sitzung seine vollen Verfahrensrechte ausüben kann.
Bei der Landtagswahl am 1. September war die CDU mit 31,9 Prozent stärkste Kraft geworden, sie hat damit 41 Mandate im Landtag. Die AfD (30,6 Prozent) verfügt über 40 Sitze, das BSW (11,8 Prozent) über 15. Die SPD (7,3 Prozent) stellt zehn Parlamentarier. Die Grünen (5,1 Prozent) sind mit sieben Abgeordneten vertreten. Die Linken (4,5 Prozent), die nur aufgrund von zwei gewonnenen Direktmandaten in den Landtag einzogen, haben sechs Sitze, die Freien Wähler einen.
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