Im Herzen Sachsens ist ein Unternehmen tätig, das sich der Kunst der Pulverbeschichtung mit Leidenschaft widmet: die Dresdner Pulverei. Während viele Pulverbeschichter ausschließlich im industriellen Bereich tätig sind, nimmt sich die Dresdner Pulverei bewusst Zeit, um ihre Kundschaft und deren Projekt kennenzulernen. Ihre Dienstleistungen reichen von individuellen Beratungen bis hin zur Bearbeitung verschiedener Materialien wie Aluminium, Edelstahl und Stahl. In einer Zeit, in der Schnelligkeit und Massenproduktion oft im Mittelpunkt stehen, bietet die Dresdner Pulverei eine personalisierte und qualitativ hochwertige Alternative.
Um mehr über die Philosophie der Dresdner Pulverei und ihre Rolle im sächsischen Wirtschaftsraum zu erfahren, haben wir uns mit den Geschäftsführern Sergej Drosdow, Marc Schneider, Matthias Kühne unterhalten.
Wie ist die Dresdner Pulverei entstanden und was hat euch dazu bewegt, euch gerade in Krisenzeiten auf die individuelle Pulverbeschichtungen zu spezialisieren?
Die Idee zum Vorhaben entstand 2018. Sergej und Matthias arbeiteten zu dieser Zeit bei einem Lohnbeschichter in Dresden. Sergej ist bereits seit 16 Jahren mit der Materie vertraut, kennt das Verfahren und viele Kniffe. Wir hatten damals festgestellt, dass Kunden mit kleineren Aufträgen oder höheren Ansprüchen nicht ernstgenommen wurden. Die Wartezeiten waren lang und die Qualität ausbaufähig. Außerdem gefiel uns die Einstellung zur eigenen Arbeit nicht mehr, Masse im Akkord. Wir wollten mehr erfahren über die Menschen und deren Bauteile, uns weiterbilden, neue Felder außerhalb der Industrie erkunden. Als wir Marc 2021 kennenlernten trauten wir uns, die Dresdner Pulverei wahrwerden zulassen.
Als wir unsere kleine Firma gründeten, war von „Krise“ noch keine Rede. Aufhalten lassen wir uns jedenfalls nicht. Sachsen ist ein Standort für Ingenieurskunst in vielen Bereichen. Überall werden Spezialbeschichtungen gebraucht. Etwa sollten Gehäuseteile für spezielle Geräte nach dem Beschichten noch zusammenpassen und zusätzlich perfektes Finish haben. Ein anderes Beispiel ist die große und einzigartige Fahrradbauerszene. Diese Menschen stecken so viel Herzblut in ihre Fahrräder, dass auch die Beschichtung mit der gleichen Leidenschaft entsteht. Damit die Beschichtung auch technisch gelingt, benutzen wir Pulverlacke von höchster Qualität. Wir freuen uns über jedes Projekt, das wir begleiten dürfen.
Ihr legt großen Wert auf persönliche Kundenbetreuung. Inwiefern unterscheidet euch das von anderen Anbietern im Bereich Pulverbeschichtung?
Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass Industrie größtenteils Masse bedeutet. Da ist häufig kein Platz für Knowhow, Modernisierung und Leidenschaft. Wir wollen einfach so sein wie wir sind. Unsere Begeisterung und Neugier kommen unseren Kunden zugute. Wir denken uns in Projekte hinein, geben Tipps, Anregungen und zeigen Möglichkeiten auf. Das kann schon mal Zeit dauern. Wir beraten auch Firmen und Kunden, die erstmal nicht bei uns beschichten lassen wollen. Meistens handelt es sich hier um frühe Planungsphasen oder frische Ideen. Für uns ist es nicht nur Lack aufbringen, für uns ist es so viel mehr.
Euer Angebot umfasst verschiedene Materialien wie Aluminium, Edelstahl und Stahl. Welches Material stellt die größte Herausforderung dar und warum?
Alle Materialien haben ihre Eigenheiten, welche sich mehr oder weniger bezwingen lassen. Eine Lostüte ist meistens feuerverzinkter Stahl. Zum Einsatz kommt der feuerverzinkte Stahl etwa bei Tor- und Zaunanlagen. Verzinkter Stahl neigt zur „Ausgasung“. Eingeschlossenes „Wasser“ im Material tritt während des Einbrennprozesses an die Oberfläche, es bilden sich kleine Krater in der Pulverlackoberfläche. Hier gibt es in der Literatur viele verschiedene Ansätze zur Vermeidung. Auch die Pulverlackhersteller haben spezielle Additive. Wir wiederum haben unsere eigenen Erfahrungen und Verfahrensweisen bezüglich Verarbeitung und Fehlervermeidung.
Manchmal ist nicht das Material die Herausforderung, sondern die Konstruktion des Bauteils. Die Bauteile sind nicht vollständig beschichtungsfähig. Da schlagen wir unseren Kunden auch andere konstruktive Lösungen vor, welche gern angenommen werden, damit die Bauteile vollständig beschichtet werden können.
Ihr bietet auch die Verarbeitung von kleineren Auftragsvolumen an. Wie können auch Privatkunden von euren Dienstleistungen profitieren?
Aufgrund unserer Unternehmensgröße ist es für uns einfacher kleine oder kurzfristige Aufträge zu bearbeiten. Wir haben die richtigen Anlagen um etwa Rüstzeiten sehr kurz zu halten. Dadurch sind wir schnell. Wir möchten jedem die Möglichkeit geben sein Projekt bei uns zu verwirklichen. Viele Privatleute haben spannende Projekte. Wir durften die Restaurierungen von Projekten begleiten, die in den letzten einhundert Jahren hergestellt wurden. Wie zum Beispiel ein 100 Jahre alter Dr. Oetker Aufsteller, das Waschbecken aus einer Lok sowjetischer Bauart oder viele Simsons und MZ-Motorräder.
Was sind die Hauptvorteile der Pulverbeschichtung im Vergleich zu herkömmlichen Lackiermethoden?
Die Pulverbeschichtung ist viel widerstandfähiger gegenüber Abrieb, Kratzern, Schlägen, Korrosion und chemischen Einwirken im Vergleich zu Nasslacken. Hinzu kommt, dass die Pulverbeschichtung umweltfreundlicher und nachfaltiger als die Nasslackierung ist. Sie enthält keine flüchtigen organischen Verbindungen und es werden keine schädlichen Lösungsmittel verwendet. Mittels Elektrostatik wird der Pulverlack auf die Oberfläche des Bauteils aufgetragen, was den sogenannten Overspray deutlich reduziert und damit weniger Materialverlust entsteht.
Sachsen ist bekannt für seine Innovationskraft in verschiedenen Industriezweigen. Wie seht ihr eure Rolle innerhalb der sächsischen Wirtschaft?
Oberstes Ziel für uns ist es Qualität abzuliefern. Wir möchten gern als Partner verstanden werden, der seine Kunden ernstnimmt. Wir sind interessiert unser Netzwerk zu erweitern und möchten gern als Anwendungspartner in neuen innovativen Projekten fungieren.
Gibt es spezielle Herausforderungen oder Vorteile, die mit dem Wirtschaftsstandort Sachsen verbunden sind?
Ein großer Vorteil den wir mit anderen Firmen aus Sachsen wahrgenommen haben ist, dass viel Wert auf regionale Zusammenarbeit gelegt wird. Unserer Meinung nach fehlt das ernstgemeinte Interesse der öffentlichen Hand an kleinen Unternehmen im Dresdner Raum. Es fehlen bezahlbare Produktionsflächen im zentrumsnahen Bereich für Dienstleistungen die vor Ort benötigt werden.
Was sind eure zukünftigen Pläne? Gibt es neue Technologien oder Dienstleistungen, die ihr in Erwägung zieht?
Unser Unternehmen ist mit einem Jahr sehr jung. Wir sind auf dem technisch neusten Stand. Wichtig für uns ist nicht stehen zu bleiben. Wir wollen uns ständig ausprobieren. Für die Forschung haben wir ein neuartiges Carbon erfolgreich beschichtet. Das steckt zwar noch in den Kinderschuhen, wir sich aber etablieren. Wir können uns gut vorstellen als Forschungspartner zu agieren. Etwa bei der Entwicklung von Pulverlacken mit recycelten Bestandteilen.
Wie geht ihr mit der aktuellen wirtschaftlichen Lage um und welche Auswirkungen hat sie auf euer Geschäftsmodell?
Die Anschaffung von Pulverlack und allen weiteren Verbrauchsmaterialien ist deutlich höher ausgefallen als ursprünglich geplant. Dies beeinflusst damit unsere eigene Preisgestaltung um wirtschaftlich arbeiten zu können.
Wie wirkt sich die Nähe zu anderen innovativen Unternehmen in Sachsen auf eure Geschäftstätigkeit aus?
Durch die Nähe zu anderen innovativen Unternehmen kommen immer wieder gute Ideen für Projekte auf, diese gemeinsam anzugehen. Wie erwähnt können das Tests zur Beschichtungsfähigkeit des neuartigen Carbons sein als auch die spezielle Vorbehandlung und Farblosbeschichtung eines handgearbeiteten Fahrradrahmens damit die Lötstellen sichtbar hervorgehoben werden. Solche Projekte geben uns viel Energie und zeigen uns, wofür wir unsere Arbeit machen.
Inwiefern spielen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein in der sächsischen Industrie eine Rolle?
Wie zuvor schon aufgezeigt, legen unsere Partner großen Wert auf regionale Zusammenarbeit. Hierdurch werden große Lieferwege vermieden.
Unser Interesse, dass auch bei der Gründung der Dresdner Pulverei eine Rolle spielte, ist der Gedanke der nachhaltigen Herstellung der Beschichtungspulver. Hierfür gibt es einige Ansätze bei Universitäten, dies möchten wir gern in der Zukunft weiterverfolgen.
Wir sind bei der Nachhaltigkeit mit vier Herausforderungen konfrontiert.
Zum Ersten besteht unser Beschichtungsmaterial aus Erdöl. Einer Quelle mit der wir sehr bewusst umgehen müssen. Wir verwenden genau die technischen Anlagen die für unseren Anwendungsfall bestens geeignet sind, wodurch wir den Pulverlackverbrauch reduzieren und auf das Nötigste beschränken.
Zum Zweiten gehen in Deutschland 3 - 4 % des BIPs durch Korrosion verloren. Durch die optimale Vorbehandlung und dem Einsatz von speziellen Korrosionsschutzgrundierungen wollen wir die maximal mögliche Lebensdauer von Pulverlack und Bauteil erreichen.
Zum Dritten kommen in nicht europäischen Pulverlacken gesundheitsschädliche Chemikalien zum Einsatz, die auch von Beschichtern in Deutschland verwendet werden. Hierbei handelt es sich um TGIC. Dies ist jedoch lungengängig und krebserregend bei der Verarbeitung und die Beschichtung muss als Sondermüll entsorgt werden. Unsere verwendeten Pulverlacke enthalten kein TGIC und entsprechen der strengen Norm der EU.
Die vierte Herausforderung ist der Umgang mit dem intensiven Energieeinsatz bei der Pulverbeschichtung. Um den Energieverbrauch zu senken arbeiten wir mit einer optimierten Ofenfahrweise und Niedertemperaturpulvern.
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Wir bedanken uns bei der Dresdner Pulverei für das inspirierende Interview und sind gespannt auf zukünftige Projekte.
Wenn auch Sie die Gelegenheit nutzen möchten, Ihr Unternehmen und Ihre Visionen in einem exklusiven Interview vorzustellen, dann melden Sie sich gern – wir freuen uns darauf, Ihre Geschichte zu teilen.
➡️ Kontakt: Thomas Wolf, thomas.wolf@diesachsen.com