Die Überprüfung Zigtausender Urteile im Zuge der weitgehenden Legalisierung von Cannabis verschärft die ohnehin sehr hohe Belastung der Staatsanwaltschaften in Sachsen. Der «immense» Aufwand verursache einen «erheblichen Arbeitsanfall» bei Staatsanwälten und beschäftige ebenso Rechtspflege und Geschäftsstellen sehr stark, wie die Generalstaatsanwaltschaft auf Anfrage mitteilte.
Über 29.200 anhängige Strafverfahren wurden bisher auf mögliche Auswirkungen durch das Cannabis-Gesetz angeschaut. Darunter waren mit Stand Mitte Juli 673 Fälle mit Straferlass sowie 1.030 Fälle, in denen die Strafen vom Gericht ermäßigt oder neu festgesetzt werden müssen.
Bisher wurden elf Inhaftierte freigelassen, aufgrund von Straferlass oder weil die tatsächlich abgesessene Haftzeit über der gerichtlich angeordneten liegt. Eine weitere Person blieb indes trotzdem hinter Gittern, wegen einer anderen Sache.
«Vielzahl zusätzlicher Fälle» für Gerichte
Grund für den Aktencheck ist die im neuen Gesetz enthaltene Amnestieregelung für Altfälle. Sie gilt besonders für Ermittlungsverfahren, die noch laufen, und Urteile, bei denen Geldstrafen bisher nicht bezahlt oder Gefängnisstrafen nicht abgesessen wurden. Diese Verfahren müssen durchgesehen werden, um zu klären, ob die Urteile ganz oder teils unter die beabsichtigte Amnestie fallen.
Bei der ohnehin angespannten Personalsituation führt das zu wachsenden Aktenbergen, andere Ermittlungssachen bleiben liegen. Negative Folgen sind der Generalstaatsanwaltschaft aber bisher nicht bekannt. Das Justizministerium spricht von «ganz erheblichem Mehraufwand», der sich «trotz intensiver Vorbereitung nicht vermeiden» lasse.
Auf die Strafgerichte käme «eine Vielzahl zusätzlicher Fälle» zu, sagte ein Ministeriumssprecher. Und wenn zum 1. Januar 2025 die Regelung zur Tilgung von Eintragungen aus dem Bundeszentralregister in Kraft treten, wird mit einer nochmaligen Zunahme der Arbeitsmehrbelastung in Staatsanwaltschaften gerechnet.
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