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Einer der wenigen abstrakten Künstler in der DDR

Wilhelm Müller: ohne Titel. Werk aus der Serie Variation zu einem Thema von Otto Freundlich, Ölpastell auf Japan-Papier vom 13.3.1994 (OF), 24 x 30 cm. Foto: Herbert Boswank
Wilhelm Müller: ohne Titel. Werk aus der Serie Variation zu einem Thema von Otto Freundlich, Ölpastell auf Japan-Papier vom 13.3.1994 (OF), 24 x 30 cm. Foto: Herbert Boswank

Am 29. Oktober jährte sich zum 25. Mal der Todestag von Wilhelm Müller. Sein Lehrer war der berühmte Herrmann Glöckner. In dem Versuch einer Retrospektive zeigt das Leonhardi-Museum Dresden nun die wichtigsten Werkgruppen des Künstlers.

Seine Werke sind in zahlreichen Museen und Privatsammlungen vertreten – und doch ist er weitgehend unbekannt. „Künstlerische Positionen, die nicht in dem Maße gewürdigt werden, müssen auch vorgestellt werden“ so Bernd Heise, der Leiter des Museums anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Wilhelm Müller“ im Leonhardi-Museum Dresden. Der Ausstellungstitel mag schlicht sein, die ausgestellten Arbeiten sind es keineswegs. Neben seinen konstruktivistischen Formen und Linien, für die er vor allem bekannt wurde, stehen informelle Arbeiten, die durch Spontanität und Zufälligkeiten brillieren. Und das ist die eigentliche Überraschung der Ausstellung. 

In der Serie „Besenstiel-Schlag“ kommt dieses kontrolliert Unkontrollierte direkt vom Künstler aufs Blatt. Mit Hilfe eines Besenstiels, der mit schwarzer Farbe bestrichen ist, schlägt Müller auf das vor ihm liegende Blatt und beobachtet die Auswirkungen des Schlages. In einem 47-minütigem Film von Frank Maibier aus dem Jahr 1997 kann dieser Arbeitsprozess direkt nachvollzogen werden, einschließlich der Kommentare des Künstlers. Es macht richtig Spaß, den Gedanken und Aktionen von Wilhelm Müller zu folgen und in den künstlerischen Prozeß seiner Arbeiten einzutauchen. Auch in der Serie „Japanischer Zirkus“ (1985), scheinen die mit Bleistift und Farbstiften entstandenen Arbeiten nur dem Zufall zu folgen. Doch wer sich auf die Arbeiten einlässt und den gewohnten Blickwinkel ändert, wird die Schönheit und Einmaligkeit dieser informellen Arbeiten zu schätzen wissen. Für Wolfgang Holler war Wilhelm Müller deshalb auch „ein Forschender, ein Suchender, ein Freigeist.“

1999 wählte Müller den Freitod

Wilhelm Müller wurde 1928 in Harzgerode geboren. Nach seiner zahnärztlichen Ausbildung 1953/55 in Dresden und Leipzig promovierte er ein Jahr später. Bis 1979 arbeitete er in Spremberg, Welzow und in der Poliklinik Dresden-Mickten. Bereits während des Studiums entstanden erste abstrakte Arbeiten. 1961 zog er nach Dresden und lernte Hermann Glöckner (1889-1987) kennen  und nahm bei ihm (als einzigster Schüler) von 1964 bis 1966 Unterricht. Ab 1980 machte er sich als Künstler selbständig und arbeitete bis 1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Staatlichen Museum für Völkerkunde in Dresden. Hier half er beim Aufbau einer Sammlung islamischer Bauern- und Nomadenteppiche. Müller, der nie verheiratet war, gehörte der Gemeinschaft der Quäker an. Befreundet war er neben Glöckner auch mit den konstruktivistisch arbeitenden Künstlern Manfred Luther (1925-2004) und Karl-Heinz Adler (1927-2018). 1999 wählte Wilhelm Müller den Freitod. 

In seinem Œvre überwiegen die konstruktivistischen Arbeiten und somit auch in der Ausstellung. Vor allem die verschiedenen Werkgruppen, die über einen Zeitraum von 35 Jahren entstanden, zeigen die Entwicklungen und Experimentierfreudigkeit von Müller. Dem Thema der „Konstruktiven Übung“ widmete er sich immer wieder. Erste Arbeiten entstanden schon Mitte der 1960er Jahre. Sie werden in den 1990er Jahren wieder aufgenommen. „Die Holze - Variationen“ aus dem Jahr 1995 wirken als Einzelbilder zerbrechlich und zurückhaltend. Alle 17 Arbeiten in ihrer Gänze entfalten jedoch genug Kraft, einen ganzen Raum zu füllen. 

Anfangs zeigen seine Arbeiten noch den Einfluss seines Lehrers. Bestes Beispiel, die „4. Konstruktion“ von 1966. Doch schnell entwickelt er seinen eigenen Stil, der vor allem durch die Verwendung verschiedener Lacke gekennzeichnet ist. Und immer wieder tauchen in seinen Bildern Kordeln auf, die die einzelnen Bildsegmente begrenzen und einen dreidimensionalen Raum erzeugen.

Mit der Werkgruppe „Variationen zu einem Thema von Otto Freundlich“, die etwa ab 1990/92 entstand, hielt er die Erinnerung an einen der ersten Vertreter der abstrakten Kunst wach. Otto Freundlich, der 1878 in Pommern geborene jüdische Künstler, wurde 1943 von den Nazis ermordet.

Das die Ausstellung so umfangreich geworden ist, liegt an einem Dutzend Leihgebern, die gern ihre Arbeiten zur Verfügung gestellt haben. Ganz zur Freude der Besucher, die nun etwas mehr über Wilhelm Müller erfahren. 

Ausstellung WILHELM MÜLLER

Leonhard-Museum Dresden - Galerie für zeitgenössische Kunst

Grundstraße 26, 01326 Dresden

Di–Fr: 14 –18 Uhr, Sa und So: 10 – 18 Uhr

bis 23. Februar 2015

www.leonhardi-museum.de |