Michael Kretschmer (49, CDU) hat einen schweren Stand: Seine Wiederwahl zum Ministerpräsidenten Sachsens ist für den 18. Dezember geplant, doch die benötigte Mehrheit fehlt. Inmitten dieser politischen Unsicherheit tritt Matthias Berger (56), parteiloser Abgeordneter der Freien Wähler, als möglicher Herausforderer auf den Plan – mit der Idee einer parteiunabhängigen Expertenregierung. Rechnerisch könnte Berger tatsächlich Kretschmer gefährlich werden.
Die Ausgangslage: Fragile Mehrheiten und politische Unruhe
Nach dem Ende der geplanten Brombeer-Koalition aus CDU, SPD und BSW strebt Kretschmer eine Minderheitsregierung mit der SPD an. Doch selbst gemeinsam verfügen CDU und SPD nur über 51 Stimmen – zu wenig für die absolute Mehrheit von 61 Stimmen im ersten Wahlgang.
Matthias Berger, über 20 Jahre Oberbürgermeister von Grimma und seit September direkt gewählter Abgeordneter, sieht in dieser Lage eine Chance für einen politischen Neuanfang. Er kritisiert die sächsische Politik als festgefahren: „Es geht doch nur noch um Parteipolitik und Machterhalt“, war in der Bild Zeitung zu lesen. Stattdessen will er eine Expertenregierung etablieren, die sich auf Fachkompetenz und nicht auf parteipolitische Machtkämpfe stützt.
Unterstützung aus AfD und BSW möglich
Wesentlich für Bergers Erfolg könnte die Unterstützung durch AfD und BSW sein. Zusammen mit diesen Fraktionen und seinen eigenen Stimmen käme er auf 56 Mandate. Kretschmer hingegen kann sich nur auf die 51 Stimmen von CDU und SPD verlassen, da eine Unterstützung durch Grüne (7 Mandate) oder Linke (5 Mandate) als unwahrscheinlich gilt.
Im zweiten Wahlgang, in dem keine absolute Mehrheit mehr erforderlich ist, sondern lediglich mehr Ja- als Nein-Stimmen, könnte Berger tatsächlich Kretschmer überholen. Die AfD hat bereits signalisiert, Berger zu unterstützen, sollte Kretschmer im ersten Wahlgang scheitern.
Das Konzept der Expertenregierung
Berger plant, eine Expertenregierung zu bilden, die parteiunabhängig agiert und politische Entscheidungen auf Basis von Fachwissen trifft. Er möchte Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung in die Regierung berufen. Dieses Modell polarisiert: Kritiker sehen ein Demokratiedefizit, da die Regierung nicht direkt legitimiert wäre. Befürworter hingegen betonen die Chance, eine handlungsfähige Regierung zu schaffen, die nicht in parteipolitischen Auseinandersetzungen gefangen ist.
Ein Machtpoker vor Weihnachten
Die Wahl Bergers zum Ministerpräsidenten ist rechnerisch möglich, hängt jedoch stark von den Dynamiken im Landtag ab. CDU und SPD könnten auf Abweichler in den Reihen der Opposition hoffen, um Berger zu verhindern. Doch sollten sich AfD und BSW hinter ihn stellen, wäre ein politisches Erdbeben nicht ausgeschlossen. Sachsen könnte zu Weihnachten tatsächlich einen neuen Ministerpräsidenten haben – mit einem experimentellen Regierungsmodell, das bundesweit für Aufmerksamkeit sorgen würde.