Angesichts des verheerenden Kriegs in der Ukraine hat Linke-Chef Martin Schirdewan von Bund und EU Initiativen zu Friedensgesprächen gefordert. Er warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, bei seiner jüngsten China-Reise die Chance auf eine gemeinsame Friedensinitiative mit China vertan zu haben. «Dieser verdammte Krieg muss endlich und so schnell wie möglich zu einem Ende kommen», mahnte Schirdewan am Samstag beim Landesparteitag der Linken in Löbau. Er betonte, Russland unter Wladimir Putin sei in diesem Krieg der Aggressor. «Unsere Solidarität gilt zuvorderst der Zivilbevölkerung in der Ukraine, die das angegriffene Land ist.»
In der Partei hatte es in der Vergangenheit Streit etwa um Äußerungen der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gegeben. Sie hatte der Bundesregierung im Bundestag vorgeworfen, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland «vom Zaun zu brechen» und ein Ende der Sanktionen gegen Moskau gefordert.
Dieser Krieg mit seinen vielen Toten sei völkerrechtswidrig und barbarisch, betonte die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel am Samstag in der Diskussion. Es gebe keinen Grund und keine Vorgeschichte, die das Vorgehen Russlands legitimiere. Verhandlungen müssten klar die Interessen der territorialen Integrität der Ukraine im Auge haben. Sie warnte mit Blick auf die aktuellen Proteste auf Sachsens Straßen, sich mit Menschen gemein zu machen, die die russische Schuld an dem Krieg leugneten.
Die Linke hat zuletzt erheblich in der Wählergunst verloren und ringt um ihre Rolle für die Zukunft. Bei den Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen in diesem Jahr verpasste sie den Einzug ins Parlament. Im Bundestag - bei der Wahl 2021 erreichte sie 4,9 Prozent - ist sie nur in Fraktionsstärke vertreten, weil drei Kandidaten Direktmandate gewannen. Auch in Sachsen blieben ihre einstigen Erfolge von mehr als 20 Prozent zuletzt in weiter Ferne.
Schirdewan sprach von einer schwierigen, krisenhaften Situation für seine Partei, zeigte sich aber entschlossen: «Wir kämpfen immer dann am besten, wenn wir mit dem Rücken zur Wand stehen.» Er mahnte, Vielfalt zuzulassen und das eigene Profil zu schärfen.
«Eine moderne Linke muss natürlich die soziale Frage mit der ökologischen verbinden», erklärte Schirdewan. «Das reichste ein Prozent der Menschheit schädigt das Klima doppelt so stark wie die gesamte ärmere Hälfte zusammen.» Er verwies auf eine Vielzahl armer Menschen in Deutschland, die besonders unter den stark steigenden Preisen litten. Es brauche einen bundesweiten Mietendeckel und die Entlastungen bei Strom und Gas müssten früher greifen als geplant. Der Bundeschef lobte zugleich seine Genossen in Sachsen, dass sie besonders aktiv dabei seien, den sozialen Protest auf die Straße zu tragen. Auf diese Weise müsse weiter Druck gemacht werden.
Sachsens Linke-Vorsitzende Susanne Schaper sprach ebenfalls offen aus, dass die Partei in der Öffentlichkeit das Bild eines «zerstrittenen Haufens» abgebe. Diskussionen müsse es geben, aber man dürfe sich nicht nur mit sich selbst beschäftigen.
Angesichts der aktuellen Krisen brauche es einen handlungsfähigen Staat, der etwa die Energiewende vorantreibe und dafür sorge, dass lebenswichtige Güter vor Ort hergestellt werden, mahnte Schaper. Der sächsischen CDU warf sie vor, die Energiewende zu blockieren. In einem Leitantrag, der von den Delegierten beschlossen wurde, werden unter anderem gleiche Löhne und Renten in Ost und West gefordert, eine Aufwertung der Sozial- und Pflegeberufe und ein Ende von Schuldenbremse und Niedriglohn. Zudem werden massive Investitionen in Infrastruktur sowie Umbau und Erhalt der Industrie gefordert.
Schapers Co-Vorsitzender Stefan Hartmann bezeichnete den Antrag als strategische Entscheidung, die bis ins Wahljahr 2024 reiche. Dann steht in Sachsen die nächste Landtagswahl an. Die Linke war im Landtag zuletzt von 18,9 (2014) auf 10,4 Prozent (2019) geschrumpft.
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