Die sächsische CDU hat mit großer Mehrheit für den Koalitionsvertrag zur Bildung einer gemeinsamen Minderheitsregierung mit der SPD gestimmt. Auf einem Sonderparteitag gab es in Dresden nur wenige Gegenstimmen für den 110 Seiten umfassenden Vertrag. CDU-Landeschef und Ministerpräsident Michael Kretschmer rief seine Partei zur Geschlossenheit auf.
Kretschmer erteilt Forderung nach Alleinregierung Absage
Forderungen nach einer alleinigen CDU-Regierung erteilte Kretschmer auf eine Absage. «Ein Drittel ist ganz klar keine Mehrheit», sagte er mit Blick auf das Ergebnis der Landtagswahl am 1. September. Die CDU war damals mit 31,9 Prozent der Stimmen knapp vor der AfD (30,6 Prozent) stärkste Kraft geworden. Mit nur einem Drittel in eine Regierung zu gehen, habe etwas von Übermut und Hochmut, betonte Kretschmer.
Da die Union schon vor der Landtagswahl ein Bündnis mit der AfD und auch mit den Linken kategorisch ausschlossen hatte, kam für eine Mehrheitsregierung nur eine Koalition von CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht und SPD infrage. Die sogenannte Brombeer-Koalition scheiterte jedoch in der Sondierungsphase. Daraufhin führten CDU und SPD Koalitionsverhandlungen. Dem schwarz-roten Bündnis fehlen im Landtag zehn Stimmen für eine eigene Mehrheit.
Kretschmer schwört seine Partei auf «anstrengende Zeiten» ein
Kretschmer schwor die mehr als 200 Delegierten des Parteitages auf «anstrengende Zeiten» ein und erläuterte den Konsultationsmechanismus, um die anderen Parteien im Landtag rechtzeitig in Gesetzentwürfe einzubeziehen und so Mehrheiten zu erzielen. Man sei offen und strecke die Hand aus, das sei das Gebot der Stunde. Die CDU werde nicht dogmatisch sein. «Wir sind klar in unseren Zielen, aber flexibel in den Wegen.»
Kretschmer zufolge trägt der Koalitionsvertrag die «Handschrift der Union». Man brauche nun einen positiven Spin. Die CDU sei bereit und lade alle Menschen guten Willens dazu ein. «Wir haben die Möglichkeit, auch in den nächsten Jahren dieses Land zu gestalten.» Um etwa den Kommunen besser helfen zu können, brauche man einen finanziellen Unterbau. Der komme nicht durch immer mehr Schulden, sondern durch Wirtschaftswachstum.
Nur vereinzelt gibt es Kritik an Bündnis mit der SPD
Als erster Redner der Debatte empfahl Landesschatzmeister Matthias Grahl die Ablehnung des Koalitionsvertrages. An jedem Vorhaben und jeder «linken Stimme», die man zukaufen müsse, werde ein «sehr teures Preisschild» hängen, sagte er mit Blick auf notwendige Zustimmung anderer Fraktionen zu Vorhaben. Der Parteitag müsse dafür sorgen, «den falschen Weg noch rechtzeitig zu verlassen»: «Ansonsten beschließen wir hier einen Turbo für die AfD.»
CDU-Fraktionschef Christian Hartmann verteidigte den Koalitionsvertrag vehement. Die Minderheitsregierung sei allerdings ein Experiment. Man werde sich immer wieder die Frage stellen müssen, «geht es noch oder geht es nicht». Nein zu sagen, sei an dieser Stelle einfacher, als Ja zu sagen, weil es Kompromisse, Schmerzen und Niederlagen geben werde. Das Land habe es aber verdient, dass eine Partei wie die CDU Verantwortung übernimmt.
Die SPD hat zum Koalitionsvertrag ihre Mitglieder befragt. Das Ergebnis soll am kommenden Montag feststehen. Aber auch in den Reihen der Sozialdemokraten wird mit einer großen Zustimmung gerechnet.
Am Nachmittag wollte eine Landesvertreterversammlung der sächsischen CDU noch die Landesliste für die vorgezogene Neuwahl des Bundestages beschließen. Auf Platz 1 der Liste steht Carsten Körber. Er sitzt seit 2013 im Bundestag und leitet dort die CDU-Landesgruppe Sachsen.
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