Sahra Wagenknecht fordert bei möglichen Koalitionsbildungen ihres BSW mit der CDU in Thüringen und Sachsen eine Abgrenzung zum Kurs des CDU-Chefs Friedrich Merz in der Ukraine-Politik. «Nach der entsetzlichen Rede von Friedrich Merz diese Woche im Bundestag, in der er faktisch einen Kriegseintritt Deutschlands gegen Russland gefordert hat, können wir mit seiner Partei nur in Koalitionen eintreten, wenn die Landesregierung sich von solchen Positionen klar abgrenzt», sagte die BSW-Bundesvorsitzende dem «Spiegel».
Unionsfraktionschef Merz hatte am Mittwoch im Bundestag einen härteren Kurs gegen Kremlchef Wladimir Putin gefordert. In seinem Newsletter bekräftigte er dies am Wochenende. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hätte zusammen mit den Regierungschefs von Frankreich und Großbritannien eine deutliche Ansage an Putin machen müssen, schrieb Merz: «Wenn der Kriegsterror gegen die Zivilbevölkerung nicht binnen 24 Stunden aufhört, werden die Reichweitenbegrenzungen der gelieferten Waffen aufgehoben. Wenn das nicht reicht, liefert Deutschland Taurus-Marschflugkörper, um die Nachschubwege der russischen Armee zu zerstören.» Die Ukraine fordert immer wieder, dass sie in ihrem Verteidigungskampf westliche Waffen auch gegen Ziele auf russischem Territorium einsetzen darf.
In der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin» sagte Wagenknecht, US-Präsident Joe Biden habe «aus gutem Grund die Reichweitenbeschränkungen für amerikanische Raketen nicht aufgehoben». «Und Herr Merz fordert etwas, was die größte Militärmacht der Welt aus gutem Grund nicht tut. Also das ist der blanke Wahnsinn», kritisierte sie. Wenn das BSW mit Merz' Partei koaliere, «dann muss natürlich deutlich werden, auch für unsere Wählerinnen und Wähler, dass sich die Landesregierung von einem solchen Kurs deutlich absetzen und andere Akzente setzen».
Thüringer CDU-Vize: Wagenknecht-Forderungen «immer abenteuerlicher»
Der stellvertretende Thüringer CDU-Vorsitzende Christian Hirte entgegnete, Wagenknechts Forderungen würden «immer abenteuerlicher». «Friedrich Merz ist unser Kanzlerkandidat und auf dem richtigen Kurs für Deutschland», sagte er. Offensichtlich störe Wagenknecht «die pragmatische Politik in Thüringen». Die CDU Thüringen rede mit den Vertretern des BSW in Thüringen und sei dabei auf einem guten Weg. Diesen werde man in den kommenden Tagen fortsetzen - «am besten ohne weitere unnötige Wortmeldungen aus Berlin».
In Thüringen hatte das BSW sich zuletzt zu Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD bereit gezeigt - vorausgesetzt, es kommt zuvor zu einer Einigung zu den bisher strittigen friedenspolitischen Forderungen der Wagenknecht-Partei. Sie sollen in die Präambel eines möglichen Koalitionsvertrags aufgenommen werden. Gespräche sind noch in der ersten Wochenhälfte geplant, hieß es in Erfurt.
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