Der Sächsische Rechnungshof hat im Jahresbericht 2023 bei mehreren Fällen die Förderpraxis gerügt und Mängel bei der Kontrolle festgestellt. Zugleich wurden Teile der Finanzpolitik und der Stellenzuwachs bei den Landesbeschäftigten kritisch betrachtet. In einem Sonderbericht stellt die Behörde dem Sozialministerium schlechte Noten bei der Umsetzung einer Förderrichtlinie für Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen aus.
Bereits im Sommer war bekannt geworden, dass der Rechnungshof bei der Mittelvergabe im Sozialministerium eine Vielzahl von Anzeichen für «nicht integres Verhalten» und «korruptionsgefährdete Strukturen» sah. Ministerin Petra Köpping (SPD) kündigte daraufhin Neuerungen für die Vergaberichtlinien an und entließ ihren Staatssekretär Sebastian Vogel.
Die Einschätzung der Prüfer zur Förderrichtlinie «Integrative Maßnahmen» fällt ernüchternd aus. Die Prüfer attestieren dem Ministerium rechtswidriges Verwaltungshandeln in «außergewöhnlichem Maße». Belege für ein persönliches Fehlverhalten von Ministerin Petra Köpping (SPD) fand man nicht. Aber nahezu jede der geprüften mehr als 100 Verfahrensakten habe signifikante Mängel aufgewiesen, hieß es. Geprüft wurden vor allem Förderungen aus den Jahren 2016 bis 2019.
«Die Förderung verlief inhaltlich und fachlich weitgehend ungesteuert. Es entstand der Eindruck, dass es oftmals eher darum ging, wer gefördert wird und weniger für welchen Zweck», betonte Rechnungshofdirektor Gerold Böhmer. Im Sonderbericht ist etwa von mangelnder Steuerung, einem intransparenten Verwaltungsverfahren, Defiziten bei der Aktenführung und mangelnder Kontrolle die Rede.
«Bei Projekten, die unzulässig gefördert wurden, ist eine Rückforderung zu prüfen und gegebenenfalls einzuleiten», heißt es in dem Bericht. «Wir haben die Gefahr gesehen, dass hier generell etwas ins Rutschen gerät, wo wir sagen müssen: Vorsicht an der Bahnsteigkante. Das darf so nicht weitergehen», sagte Böhmer.
Nach Veröffentlichung des Jahresberichtes wies Köpping am Donnerstag Mutmaßungen zu Rechtsverstößen aufgrund von Interessenkollisionen und Befangenheit zurück. «Wir haben das Richtige getan. Aber wir haben es nicht immer richtig getan. Daraus haben wir gelernt, gehandelt und umfangreiche Konsequenzen gezogen», betonte die Ministerin. Eine neue Förderrichtlinie ist bereits in Kraft, stellt den Rechnungshof aber nicht vollends zufrieden.
Das Ministerium machte erneut geltend, dass die geprüfte Richtlinie zu einem Zeitpunkt entstand, als binnen weniger Wochen Zehntausende Flüchtlinge nach Sachsen kamen und bei der Unterbringung und Betreuung der Betroffenen schnell gehandelt werden musste. «Dass die Mängel im Fördervollzug das gesamte Verfahren angreifbar gemacht haben, bedaure ich sehr», sagte Köpping.
Im eigentlichen Jahresbericht moniert der Rechnungshof erneut die wachsende Zahl von Landesbeschäftigten. Der Personalhaushalt gerate immer mehr in einen «überhitzen Modus». «Statt den Stellenaufwuchs zu stoppen, wird dieser immer dynamischer», kritisierte Direktorin Isolde Haag. Trotz gleichbleibender bis sinkender Einwohnerzahlen und trotz Fachkräftemangels würden immer mehr Stellen veranschlagt, von denen immer weniger besetzt werden könnten.
Laut SRH liegen die Gesamtpersonalausgaben inzwischen bei mehr als acht Milliarden Euro jährlich und binden rund 40 Prozent des Gesamtetats. Man brauche dringend eine Reduzierung von Aufgaben und eine Optimierung und Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Nur so ließe sich eine weitere Ausuferung der Personalausgaben verhindern. «Bloße Ankündigungen, dies tun zu wollen, reichen nicht.»
Bei den Pensionen für frühere Landesdiener hat der Rechnungshof eine Deckungslücke von 12,7 Milliarden Euro ausgemacht. «Die Deckungslücke bei den Pensionsverpflichtungen und der Schuldenanstieg verdeutlichen eine sich weiter verschlechternde Finanzsituation des Freistaates. Wir können nur eindringlich mahnen, diese Signale ernst zu nehmen und hier gegenzusteuern», erklärte Rechnungshofpräsident Jens Michel.
Andere Passagen des Berichtes wirken eher skurril. «Am Berzdorfer See hat der Freistaat eine Straße gefördert, die einen neuen Campingplatz erschließen soll. Die Straße ist seit Ende 2018 fertig. Einen Campingplatz gibt es aber bis heute nicht. Vielmehr will die Stadt Görlitz den Campingplatz nun an einer anderen Stelle errichten. Damit ist die gebaute Straße so nicht erforderlich.»
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