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Sachsen: Suche nach handlungsfähiger Regierung nach Koalitionsplatzer

Land und Menschen müssen nach Ansicht von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bei der Regierungsbildung an erster Stelle stehen. / Foto: Robert Michael/dpa
Land und Menschen müssen nach Ansicht von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bei der Regierungsbildung an erster Stelle stehen. / Foto: Robert Michael/dpa

Bevor es zu Koalitionsgesprächen kam, hat das BSW die Sondierung mit CDU und SPD abgebrochen. Eine Minderheitenregierung wird damit immer wahrscheinlicher. Trotzdem setzt Kretschmer auf Stabilität.

Nachdem eine mögliche Koalition aus CDU, dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD in Sachsen geplatzt ist, richtet sich der Fokus auf das weitere Vorgehen. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht Stabilität als Priorität. «Ich werde alles dafür tun, um für unseren Freistaat eine handlungsfähige Regierung zu bilden», schrieb er in einem Beitrag auf der Plattform X. Sein Maßstab sei dabei, dass Land und Menschen an erster Stelle stünden.

Am Mittwoch scheiterte die Sondierung für eine Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD. Das BSW teilte mit, die Gespräche seien ergebnislos abgebrochen worden, nachdem es keine Einigung bei der Friedensformel, der Migrationspolitik und dem Thema Finanzen gegeben habe. Kretschmer gab der BSW-Bundesvorsitzenden Sahra Wagenknecht die Schuld am Scheitern. Da die CDU Koalitionen mit der AfD ausschließt, bleibt nun eine Minderheitsregierung als wahrscheinlichste Option. 

Experte empfiehlt Blick auf die Erfahrungen in Skandinavien

«Es hätte sich eigentlich schon vor der Landtagswahl angeboten, in andere europäische Länder zu schauen, wie dort mit heterogen zusammengesetzten Parlamenten regiert wird, etwa in Skandinavien», sagte der Leipziger Politikwissenschaftler Hendrik Träger. Dort seien Minderheitsregierungen ein übliches Verfahren. «Da hätte man sich Orientierung holen können, was Minderheitsregierung bedeutet, welche Konstellationen und Verfahren es gibt.» Schon vor der Landtagswahl sei klar gewesen, dass eine Regierungsbildung schwierig werde.

Nach den Worten von Träger gibt es mehrere Möglichkeiten, eine solche Regierung zu bilden. Am wahrscheinlichsten hält der Wissenschaftler eine gemeinsame Regierung von CDU und SPD. Das Verhältnis zu den Grünen sei durch den Wahlkampf sehr zerrüttet. CDU und SPD kämen zusammen auf 51 Stimmen. Wenn sie sich von den Grünen und den Linken tolerieren ließen, würden sie bei 64 Stimmen landen. Linke und Grüne müssten Projekten der Landesregierung nicht zustimmen, sondern könnten sich auch enthalten. 

«Ich halte in Sachsen eine Variante für wahrscheinlich, die es zwischen 2010 und 2012 in Nordrhein-Westfalen gab. Und zwar eine Minderheitsregierung, die themenabhängig mal mit der einen Fraktion, mal mit der anderen Fraktion eine Mehrheit zustande bekommt, wenn auch durch Stimmenenthaltung», erläuterte Träger. Er schloss aber auch nicht aus, dass sich CDU und SPD Stimmen beim BSW holen. Eine Tolerierung durch die AfD hält er zwar für rechnerisch denkbar, aber politisch schwierig. 

Träger erinnerte daran, dass die CDU eine Kooperation mit der AfD bislang ablehnt. «Der Zustand einer Zusammenarbeit wäre erfüllt, wenn es Absprachen gibt. Auf solche Absprachen ist eine Minderheitsregierung aber angewiesen. Sonst läuft sie Gefahr, ein Gesetz in den Landtag einzubringen, ohne zu wissen, ob sie damit durchkommt. Da könnte es jedes Mal eine Überraschung geben. Das kann nicht funktionieren.» 

Tom Thieme, der als Professor an der Hochschule der sächsischen Polizei lehrt, sieht Kretschmer vor keiner anderen Option, wenn er eine Neuwahl verhindern will. «Bisher hat er eine Minderheitsregierung vehement abgelehnt; nun wird er sich in sein Schicksal fügen müssen.» Befürworter solcher Modelle würden gerne auf die skandinavischen Erfahrungen verweisen, in der sich Minderheitsregierungen fallweise um parlamentarische Mehrheiten bemühten. 

Wissenschaftler: Modelle aus Skandinavien lassen sich nicht eins zu eins übertragen

«Doch was in Skandinavien auf einer politischen Kultur des "Konsens" gründet und seit Jahrzehnten gelebte Praxis ist, lässt sich kaum eins zu eins auf Sachsen übertragen, gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtig vielfältigen Konfliktlinien», sagte Thieme der Deutschen Presse-Agentur. Parteitaktische Erwägungen dürften stattdessen dominieren und langwierige Aushandlungen von Paketlösungen nach dem Motto «Wie Du mir, so ich Dir» das Regieren erschweren.

Die stark konservativ ausgerichtete Heimatunion innerhalb der sächsischen CDU begrüßte das Aus für die sogenannte Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD. «Die jetzige Situation eröffnet eine große Chance für unsere Heimat: Eine Minderheitsregierung, die frei von ideologischen Scheuklappen konsequent die Interessen Sachsens verfolgt und die Erfolgsgeschichte des Freistaats fortschreibt», erklärte Vorsitzender Sven Eppinger.

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